Ätherrauschen
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Warum Twitter, Facebook, Instagram & Co problematisch sind

Dass die großen Social Media-Plattformen wie Twitter, Facebook, Instagram oder YouTube problematisch sein können, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben.

Dabei geht es nicht nur darum, dass diese Plattformen, die längst multinationale Konzerne sind, die Daten, die ihre Nutzer ihnen freiwillig geben, verkaufen oder für gezielte Werbung nutzen. Vielmehr werden in der Regel auch Daten gesammelt, die die Nutzer ihnen nicht bewusst und meist auch nicht ganz freiwillig geben, beispielsweise indem durch Apps auf den Mobiltelefonen Daten aus der Umgebung gesammelt werden, die auf den Standort oder die Interessen der Nutzer schließen lassen.

So sammeln Apps Standortdaten, indem regelmäßig die GPS-Funktionen des Handys abgefragt werden. Oder die WLAN-Netzwerke, die das Handy "sieht", werden mit Karten abgeglichen: wenn eine App weiß, welche WLANs in der Nähe senden und wenn ein Nutzer dieser WLANs einmal eine Adresse angegeben hat, weiß die App, wo in etwa sich das Handy befindet und kann beispielsweise Werbung ausspielen, die gezielt auf diesen Ort angepasst ist. Man sieht dann vielleicht Werbung für das nächste Restaurant oder für Regenkleidung, weil das Wetter in der Umgebung gerade schlecht ist.

Unter Umständen werden aufgezeichnete Gesprächs- oder Textdaten ausgewertet, um daraus auf die Interessen der Nutzer schließen zu können. Wer hat sich nicht schon einmal gewundert, ob sein Handy ihn vielleicht belauscht, nachdem er sich über bestimmte Dinge unterhalten hat und dann plötzlich verstärkt Werbung dazu gezeigt bekam? Dass dies tatsächlich so passiert, wird von einigen Konzernen wie Amazon offen zugegeben.

Noch problematischer sind oft jedoch die internen Algorithmen, die entscheiden, was die Nutzer angezeigt bekommen. So sieht ein Facebook-Nutzer in der Regel nicht alles, was seine "Freunde" schreiben (schon gar nicht zeitlich sortiert), sondern nur das, was die Algorithmen für wichtig halten, alles andere wird herausgefiltert. Und wichtig sind dabei vor allem Einträge, die viel kommentiert oder mit entsprechenden Reaktionen (z.B. Likes, Herzchen, Wut-Smileys etc.) versehen werden. Insbesonders bei Facebook werden dabei die Posts verstärkt angezeigt, die vor allem negative Reaktionen hervor rufen.

Oder anders ausgedrückt: Facebook und Co. zeigen gezielt Einträge, die die Nutzer aufregen.

Das Ziel ist, die Interaktion der Nutzer mit den Inhalten zu verstärken und sie so länger auf den Plattformen zu halten, um ihnen letztendlich wieder mehr Werbung zeigen zu können, mit der die Plattformen Geld verdienen.

Dass diese Form der Aufmerksamkeitssteuerung problematisch ist, zeigt sich darin, dass sich schnell sogenannte Filterblasen bilden: je mehr ein Nutzer mit bestimmten Inhalten interagiert oder danach sucht, desto mehr dieser Inhalte und desto weniger andere Inhalte bekommt er angezeigt. Die Folgen dieser Verengung der Wahrnehmung waren in letzter Zeit besonders im Umfeld der Impfgegner und Verschwörungstheoretiker zu sehen, die durch diese Algorithmen nur noch Dinge gezeigt bekamen, die sie in ihrer Meinung bestärkten, andere Meinungen und Fakten wurden dagegen systematisch heraus gefiltert. Die Nutzer dachten dann, dass sie mit ihrer Meinung die Mehrheit abbildeten. Das ging soweit, dass in den USA nach der letzten Präsidentenwahl Demonstranten gewaltsam Regierungsgebäude stürmten, nachdem über die Plattformen gezielt Nachrichten über Wahlfälschungen verbeitet wurden, die durch die Algorithmen dann noch prominenter angezeigt, während seriöse Nachrichten und die Meinung der Mehrheit der anderen Nutzer unterdrückt wurden.

Aber auch problematische Verhaltensweisen der Nutzer werden verstärkt. Auf einer vermeintlich harmlosen Plattform wie Instagram werden hauptsächlich Bilder in den Zeitleisten und in der Suche empfohlen, die besonders viele "Likes" bekommen haben.

Das mag bei süßen Katzenbildern unerheblich erscheinen, führt aber vor allem bei jungen Nutzern, die Bilder und Vidoclips von sich selbst einstellen, unter Umständen dazu, dass sie alles dafür tun, möglichst viele Likes zu bekommen: sie trampeln in Naturschutzgebieten auf der Suche nach dem schönsten Bild seltene Pflanzen kaputt, verletzen sich bei unsinnigen "Challenges", entwickeln Essstörungen oder unterziehen sich gefährlichen Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit, um schlanker oder vermeintlich schöner auszusehen, damit sie von ihren Followern dafür mit Likes belohnt werden. Diese Pseudo-Belohnung stimuliert das Belohnungszentrum im Gehirn, das daraufhin wie bei einer Sucht reagiert und mehr fordert, und sorgt so für eine weitere Verstärkung dieser Verhaltensweisen.

Den Plattformen ist dies absolut bewußt, das haben die Berichte von Whistleblowern in letzter Zeit immer wieder gezeigt. Durch ihre finanzielle Macht gelingt es ihnen jedoch immer wieder, eine entsprechende Gesetzgebung zur Regulierung zu verhindern, in ihrem Sinne zu beeinflussen oder durch Winkelzüge zu unterlaufen.

Solange die Social Media-Plattformen als multinationale Konzerne agieren, die mit Werbung und den Daten ihrer Nutzer Milliarden verdienen, wird sich das auch nicht ändern, es sei denn, ihre Nutzer würden sich eines Besseren besinnen, diese Plattformen verlassen und Alternativen wählen, die weniger problematisch sind.

Denn diese gibt es durchaus, und einige davon werde ich im nächsten Eintrag vorstellen.