Ätherrauschen
Kommentare zum Leben, dem Universum und dem ganzen Rest

Es gibt Alternativen zu Twitter, Facebook, Instagram & Co!

Wie im letzten Artikel beschrieben, sind die großen sozialen Netzwerke nicht nur in Hinsicht auf den Datenschutz problematisch, sondern sie nutzen auch Algorithmen und psychologische Kniffe, die die Nutzer dazu verleiten sollen, möglichst viel Zeit auf der Plattform zu verbringen, die oft aber auch in den sogenannten Filterblasen resultieren: eine Suche fördert nur noch Inhalte zu Tage, die mehr oder weniger genau dem entsprechen, was man ohnehin schon konsumiert hat, andere Inhalte sieht man gar nicht mehr.

Möchte man diesen so genannten "Dark Patterns" (problematischen Nutzungsmustern und Verhaltensweisen) entkommen oder einfach nur vermeiden, dass seine Daten jeder Werbeagentur und jedem Adress- und Datenhändler dieser Welt verkauft werden, aber trotzdem weiterhin Social Media nutzen, gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten:

  1. man nutzt ein alternatives Frontend (also eine Webseite oder App, die weniger Daten an die Plattform sendet), oder
  2. man sucht sich eine andere, freundlichere Social Media-Plattform

Beides hat seine Vor- und Nachteile.

Alternative Frontends und nicht-offizielle Apps

Für viele Plattformen existieren Webseiten oder nicht-offizielle Apps, die Nutzung der Plattform erlauben und dabei trotzdem ein gewisses Mass an Datenschutz (und oft auch Schutz vor Werbung) gewährleisten. Diese funktionieren im Prinzip wie eine Maske, die über offizielle oder inoffizielle Schnittstellen auf die Daten der Plattform zugreift und diese dem Nutzer anzeigen (daher Frontend oder Benutzerschnittstelle im Gegensatz zum Backend, das von den Rechnern und Datenbanken der Plattform gebildet wird), aber in der Regel etwas anders aussieht und weniger Daten an die Plattform (das Backend) sendet.

Ein solches Frontend ist beispielsweise Nitter, ein etwas datenschutzkonformeres Frontend für Twitter; eine alternative App für Instagram existiert mit Barinsta.

Ein Nachteil alternativer Frontends besteht darin, dass der Datenschutz nur bis zu einem gewissen Maß gewährleistet werden kann. Relativ hohen Datenschutz genießt man in der Regel, wenn die Frontends Inhalte der Plattform zwar darstellen, man aber nicht mit ihnen interagieren kann. Erlaubt die App oder Website den Login auf der Plattform und vielleicht auch noch das Einstellen von und die Interaktion mit Inhalten, wird der Datenschutz aber wieder größtenteils aufgegeben, denn dann werden vielleicht nur noch die aktuellen Standortdaten nicht mehr an die Plattform gesendet, diese hat aber natürlich immer noch Zugriff auf die Interaktionen des Nutzers auf der Plattform.

Viele der alternativen Apps und Frontends werden von Freiwilligen in ihrer Freizeit als Open Source entwickelt, das heißt man kann den Quellcode anschauen und untersuchen was dieser tut, entsprechende technische Vorkenntnisse vorrausgesetzt. Die Offenlegung des Sourcecodes ist jedoch nicht immer der Fall, und so können auch bösartige Apps oder Frontends entwickelt und angeboten werden, die ihren Nutzern sogar noch mehr Probleme bereiten, indem sie z.B. noch weit mehr Daten aus dem Handy auslesen, als es die offiziellen Apps der Plattformen tun, oder Hintertüren ins System öffnen, die dann in krimineller Absicht genutzt werden. Bei Open Source-Apps ist dies aber unwahrscheinlich, da theoretisch jeder kontrollieren kann, wie die App arbeitet.

Ein weiterer Nachteil ist, dass die alternativen Frontends und Apps oft nicht annähernd den Komfort und die Möglichkeiten der offziellen Apps bieten. Zudem sind die Plattformen meist nicht sehr angetan davon, wenn jemand inoffizielle Apps oder Frontends entwickelt, da ihnen dadurch eventuell Werbeumsätze verloren gehen. So ändern sie regelmäßig ihre Schnittstellen, bekämpfen entsprechende Entwicklungen auf dem Rechtsweg, oder sorgen dafür, dass diese Apps nicht in den offiziellen App-Stores auftauchen.

Glücklicherweise gibt es alternative, vertrauenswürdige App-Stores wie F-Droid für Android, in denen nur Open Source-Apps gelistet werden. So ist Barinsta beispielsweise nur über F-Droid zu beziehen.

Alternative Plattformen

Die zweite Möglichkeit, seine Daten den Social Media-Konzernen zu entziehen, ist, sich eine andere Social Media-Plattform zu suchen. Es gibt neben den großen Plattformen wie Twitter, Facebook, Instagram, TikTok usw. eine Unmenge kleinerer Plattformen für jeden Geschmack. Aber auch hier muss man natürlich genau hinschauen.

Plattformen, hinter denen Firmen stehen, sind gewinnorientiert, sofern die Firma nicht gemeinnützig arbeitet oder lediglich als rechtlicher Anker für Markenrechte und Ähnliches dient. Bietet eine solche Plattform dann einen kostenlosen Zugang, gilt immer der Satz: Wenn es nichts kostet, ist der Nutzer (und seine Daten) das Produkt. Und auch hier wird dann wieder alles dafür getan, den Nutzer und seine Daten möglichst lange auf der Plattform zu halten.

Daneben haben sich aber auch Plattformen etabliert, die als Open Source-Software entwickelt und von Freiwilligen in ihrer Freizeit auf eigenen Servern betrieben werden. Diese Plattformen sind oft als direkte Alternativen zu den großen Plattformen entstanden, sie vermeiden aber bewußt deren problematische Muster und sind in Hinsicht auf den Datenschutz in der Regel weit sicherer, weil die Daten nicht für Werbung verkauft werden.

Mittlerweile sind einige von ihnen so erfolgreich, dass auch offizielle Stellen begonnen haben, sich dort eine Präsenz einzurichten oder gleiche selbst eine sogenannte Instanz (einen Server für die Plattform) zu betreiben. So gibt es Accounts der Bundes- und Landesdatenschützer oder auch des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) auf der Twitter-Alternative Mastodon.

Natürlich besteht der Nachteil, dass diese Alternativen oft nicht von allen Freunden oder der Familie genutzt werden. Man kann seine Follower und "Freude" in der Regel nicht einfach in eine neues Netzwerk mitnehmen.

Doch lohnt sich ein Wechsel trotzdem, weil sich oft eine ganz neue, freundlichere und weniger stressige Welt eröffnet. Und die Offenheit, die die als Open Source-Software entwickelten Alternativen für die Überprüfung auf problematische Vorgänge bieten, bedeutet auch, dass in technischer Hinsicht mehr Dinge möglich sind als bei den geschlossenen Konzern-Plattformen.

So wurden Schnittstellen für die Kommunikation zwischen verschiedenen Plattformen entwickelt, damit deren Nutzer miteinander interagieren können ohne ihre jeweilige Plattform zu verlassen. Ein Nutzer einer Twitter-Alternative kann so einem Nutzer einer Instagram-Alternative folgen und dessen Bilder in seiner Timeline sehen.

Diese Schnittstellen und der dadurch ermöglichte Austausch von Inhalten und Aktivitäten bildet die Grundlage eines Netzwerkes aus vielen verschiedenen Plattformen: das sogenannte Fediverse. Das Fediverse und seine Plattformen stelle ich im nächsten Eintrag näher vor.